Demeter


Für die Sensationen des Isiskultes war die Erdgöttin Demeter mit ihrer Tochter Kore (Persephone) das Anrufungspaar. "Griechische Göttinnen im ägyptischen Kult auf römischem Boden bildeten das Mysterium im eleusinischen Kult der Isis" (Stopczyk 1998, 123). Die magischen Feste waren der Höhepunkt der Verschmelzung von mythischer Anschauung und gesellschaftlichem Leben. Die Menschen waren bestrebt, die ästhetische Dimension mit der sozialen und politischen Realität in Einklang zu bringen. Denn ihre Gemeinschft galt ihnen als das irdische Abbild der kosmischen Ordnung der Göttin.


Der Mythos in Kurzform:
Demeter ist die matriarchale Vegetationsgöttin, die den Völkern den Getreideanbau und den Umgang mit dem Pflug lehrte. Sie war sanft, gütig und liebevoll und spendete unerschöpfliche Fruchtbarkeit auf Erden.
Eines Tages verliebt sich Hades, der Gott der Unterwelt, in Demeters liebliche Tochter Kore. Als das Mädchen fröhlich und unbekümmert auf einer Wiese Blumen pflückte, wurde sie von Hades überwältigt und in den Tartaros entführt. In tiefem Kummer suchte Demeter ihre Tochter neun Tage und neun Nächte. Als sie von Kores Entführung in die Unterwelt erfuhr, untersagte sie in ihrem Zorn und Trauer den Blumen das Blühen, den Bäumen das Früchtetragen, dem Korn das Wachsen, den Tieren die Vermehrung und den Himmeln das Regnen. Dürre und Not verbreitete sich und die Menschheit drohte auszusterben. Da fürchteten die Götter ihren eigenen Untergang und Zeus zwang Hades, Kore an ihre Mutter zurückzugeben. In Eleusis, an der gleichen Stelle, wo Hades mit Kore in seinem Wagen in der Erdschlucht verschwunden war, kehrte die Mädchengöttin in die Welt des Lichtes zurück. In jubelnder Freude begrüßt Demeter ihre Tochter und läßt die Erde wieder fruchtbar werden. Doch Kore hat im Tartaros von einem Granatapfel, der Todesfrucht, sieben Kerne gegessen. Sie muss während der drei Monate anhaltenden Zeit der Dürre und Unfruchtbarkeit zu Hades zurückkehren. Unter dem Namen Persephone wird sie die Göttin der Unterwelt. Die fruchtbare Jahreszeit aber darf sie bei ihrer Mutter auf der Erde verbringen. Die alte Göttin Hekate hat über die Einhaltung des Vertrages zu wachen. (Göttner-Abendroth 1980, 33f.)

Diese Version des Demeter-Mythos stammt bereits aus patriarchaler Zeit. Doch Demeter verfügte noch eigen-mächtig über ihre Fruchtbarkeit. Durch ihre Verweigerung sind die aufstrebenden patriarchalen Götter zum Einlenken gezwungen. Nach Christa Mulack stellt der Mythos den männlichen Kampf gegen die matriarchale Kultur dar und den weiblichen Widerstand gegen die zunehmende Patriarchalisierung
Bei den 'Großen Eleusischen Mysterien' wurde das Wunder der Wiedergeburt Ereignis. Es durften nur Menschen daran teilnehmen, die zuvor in den sogenannten 'Kleinen Mysterien' in das Geheimnis des Todes eingeführt wurden. Das kultische Geschehen wurde dominiert durch den Unterweltcharakter mit Wassermangel und Finsternis. Im Herbst, wenn die mörderische Hitze zu Ende ging und die ersten Wolken auf den erlösenden Regen hoffen ließen, begannen in Athen die Vorbereitungen für die 'Großen Demeter -Mysterien'. Die Mysten wurden ins Meer, ins einigende Urelement, gerufen. Mit dieser reinigenden Handlung traten die Mysten in das Wesen der Göttin ein und betrachteten sich als identisch mit ihr". In einer langen Prozession zogen die Mysten mit den heiligen Zweigen des Myrtenbaumes nach Eleusis. In den Großen Mysterien wurde Kore und damit alles Leben wieder aus dem Reich des Todes herausgeführt. Dann geschah das eigentliche Mysterium: Demeter feiert die heilige Hochzeit mit ihrem Bruder Zeus und gebiert ihren Sohn Pluto, der eine Erscheinungsform des Hades ist. Ursprünglich verkörperte Pluto die Frucht, besonders den Weizen, der in die 'Unterwelt' muss, um neu ergrünen zu können. Er symbolisiert Reichtum und Fülle, das Geschenk der Göttin an die Menschheit, nach der entbehrungsreichen Zeit der sommerlichen Hitze.

Pluto verkörpert als Geschöpf der Göttin die geschaffene Welt. Ihm gilt ursprünglich Demeters Ruf, nicht der Tochter. Der Sohn verkörpert im matriarchalen Bewußtsein die Einheit der Schöpfung. Er reift zu ihrem Geliebten heran, verbindet sich mit ihr in der heiligen Hochzeit, er stirbt, um durch sie wieder geboren zu werden. Entgegen der üblichen Gleichsetzung von Frau und Natur ist der Sohn, das uranfänglichen Mannesgeschöpf, die Verkörperung der Vegetation im matriarchalen Bewußtsein. Er erfährt durch die Göttin an sich selbst die gesetzmäßigen Durchgänge von Tod und Wiederkehr. Die Tochter aber ist mit der Mutter identisch und repräsentiert ihre schöpferische Kraft und garantiert die Fortdauer des Lebens. Die Göttin der Vorzeit war Ursprung und Urgrund allen Lebens, folglich war auch das Männliche Teil ihrer selbst, da sie es hervorgebracht hatte. Wie die Gestirne des Himmels und die Vegetation der Erde aus dem Leib der Großen Göttin hervorgehen, so entstammen beide Geschlechter der Frau. Nur das Weibliche veranschaulicht das Ewige, wohingegen das Männliche Symbol des dem ewigen Kreislauf der Vergänglichkeit Unterworfene ist.