Hera

Lange Zeit bevor man Zeus in Griechenland kannte verehrten die Menschen dort die kuhäugige Himmelskönigin Hera. Wobei diese Bezeichnung "Unsere Herrin" bedeutet und vielleicht gar kein Eigenname war. Sie war die Herrin der Erde und ihrer Bewohner. Hera war die Tochter von Rheia (Erdschöpferin) und Kronos (Zeit). Sie war prächtig in ihrer Gestalt und Gesichtszügen und besonders die Göttin der Frauen und der Sexualität. Wie sterbliche Frauen auch, ging Hera durch drei Lebensphasen: Jugend, Reife und Alter.

Erst war Sie das Mädchen Hebe, das als "Die Jungfräuliche" bezeichnet wurde. Dabei war es nicht so, dass sie Geschlechtsverkehr mied. Sie hatte nur keine Kinder und war damit frei von Verantwortung. Man nannte sie in dieser Phase auch Antheia: "Die Blühende". Sie war Symbol der Blüte menschlicher Jugend, wie auch der knospenden Erde.

Zum Zweiten war sie die reife Frau: Nymphoeuomene: "Die einen Gefährten Suchende" oder Teleia: "Die Vollkommene". Als solche war sie die Mutter, die ausgereifte Erde in sommerlicher Lebensfülle.

Drittens wurde sie zu Cheira oder Theira,: "Altes Weib". Nachdem sie durch die Mutterschaft gegangen ist und diese hinter sich ließ, lebt die vornehme prophetische Weise jetzt wieder für sich allein.

Zu Ehren dieser drei Phasen der Hera feierten die Menschen im antiken Griechenland ein grosses Fest. Die Ursprünge der Heraia gehen weiter zurück als die Olympischen Spiele. Alle vier Jahre kamen Frauen auf einem Feld bei Heras Stadt Argos zusammen, um sich in Hunderfünfzig-Meter-Läufen zu messen. Sie liefen mit blossen Brüsten und wehenden Haaren. Es gab bei der Heraia drei Altersklassen und drei Gewinnerinnen. Jede erhielt eine Olivenkrone und einen Anteil von der Kuh, das bei diesem Sportfest das Schlachtopfer war. Die drei Gewinnerinnen , ein junges Mädchen, eine reife Frau und ein altes Weib, durften eine Statuette von sich in Heras Schrein aufstellen lassen.

Ein anderer Kult betraf Heras jährliche Erneuerung. Mit grossem Zeremoniell wurde ihre Figurine aus ihrem Schrein geholt und zum Wasser gebracht. Durch das Bad ihres Bildnisses wurde der Winter abgewaschen, ihre Jugend belebt und für den neuen Jahreszeitlichen Zyklus von Reife und Tod vorbereitet. Es war ein Symbol für die ewige Wiedergeburt der Erde und mit ihr der Menschen. Als Göttin der Geburt und des Todes, des zarten Frühlings und des rauen Herbstes, hatte sie die Symbole Kuckuck und Granatapfel.

Hera hatte keinen Gefährten bis patriarchale Stämme über Griechenland hereinbrachen und den Himmelsgott Zeus mitbrachten. Da Heras Religion nicht zerstört werden konnte, wurde sie mit Zeus zwangsvermählt. Hera verkam in der hellenischen Mythologie zu einer verdrießlichen und eifersüchtigen Frau, die ihren Gatten und dessen Geliebte verfolgt.


Die Figurine:
Die Original-Figurine ist aus Kalkstein und 39,5 cm gross. Die hockende Frauenstatuette wurde in Zypern gefunden und ist fünftausend Jahre alt. Im Mittelpunkt steht das weibliche Dreieck, das durch die spitzen Brüste repräsentiert wird und sich über die Arme fortsetzt. Hoch darüber wacht ihr ehrfurchtgebietendes, kuhäugiges Antlitz.