Mati

Vollständig: Mati Syra Semlja, "Feuchte Mutter Erde"

Figurine aus Dolni Vestonice, Mähren, 26 000 Jahre alt

Mati (Mutter Erde) war die große Quelle der Macht und der Stärke für ihr Volk. Man aß nicht nur die Früchte der Erde, sondern auch wirklich einen Bissen Erde um Ihrer teilhaftig zu sein und Ihre gütige Zuwendung zu erbeten. Ein Liebespaar verschluckte zur Hochzeit jeweils einen Löffel voll Erde. Andere Eide beschwor man auch, indem man sich einen Tonklumpen auf den Kopf legte.

Es galt im Wohngebiet der Slawen als ein schwerster Sünder, wer vor dem 25. März die Erde durch Pflügen malträtierte, wenn Mati schwanger war. Auch die Russen verehrten Mati als höchste Göttin. Um ihren Prophezeiungen für die kommende Ernte zu lauschen grub man ein Loch in die Erde und hielt das Ohr daran. Das Geräusch eines vollen Schlittens kündigte eine gute Ernte an. Das klingeln eines Lehren bedeutete hingegen Hunger, Not und Tot.

Die Statuette aus dem Jungpaläolithikum zeigt die "feuchte Mutter Erde" als Allsehende. Aus Ihren Augen ergießt sich die göttliche Quelle über Ihren Körper. Die Augen der Göttin sind die Quelle des lebenserhaltenden Wassers. Funde zeigen, dass die Vorstellung der göttlichen Augenflüssigkeit bis ins Neolithikum ungebrochen fortbestand. Die Symbolik der Augen als göttliche Quelle weist die Figur als Darstellung der Vogelgöttin mit übernatürlichem Scharfblick aus. Die südosteuropäische Vogelgöttin steht in Verbindung mit der westeuropäischen Augengöttin Frankreichs, Spaniens, Portugals und Großbritanniens, die jedoch eulenhafte runde Augen hatte.